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Warum immer noch in Pixel denken?

erstellt:16.2.2023
letzte Änd.: 12.12.2023

Warum "denken" wir beim Design von Bildschirmseiten nicht in mm?

Wir sind inzwischen im 3. Jahrtausend angekommen. Doch unsere Informationstechnologie bedient sich immer noch der alten Zöpfe aus dem 2. Jahrtausend. Die Anfänge der "Personal Computerei" kann man heute so ca. auf das Jahr 1981 datieren. IBMs erster grafikfähiger Farbmonitor (IBM 5153 Color Display) hatte eine Bildschirmdiagonale von 13 Zoll und bei 16 Farben eine Auflösung von 320 x 200 Pixel. Das sind grob 30 dots per inch (kurz DPI), dass man damals angefangen hat die Grafiken auf der Basis der Bildpunkte zu berechnen ist nicht verwunderlich. Nur heutzutage haben wir Auflösungen bei den großen Bildschirmen von ca. 160 DPI und bei den Displays der Smartphones der Oberklasse von über 500 DPI.

Also warum zur Hölle rechnen und denken wir 42 Jahre danach beim Erstellen von Internetseiten und Programm-Fenstern immer noch in Pixeln?

Menschen mit normalen Sehfähigkeiten können bei einem Abstand von ca. 30 cm eine Bildschirmauflösung von ca. 250 DPI auflösen. Eine feinere Auflösung bräuchte es nicht. Große Bildschirme betrachten wir, weil wir versuchen die Fläche möglichst mit einem Blick zu erfassen, aus größeren Entfernungen. Deshalb brauchen die großen Bildschirme eine geringere Pixeldichte und werden dennoch nicht als "pixelig" in ihrer Darstellung.

Die meisten Grafiksysteme sind immer noch Pixel orientiert. Beim Webdesign gibt es zwar die theoretische Möglichkeit Größenangaben in cm oder inch zu machen. Das nützt allerdings nichts. Falls das so definierte Objekt in genau der angegebenen Größe auf dem Bildschirm erscheint, dann ist das ein reiner Zufall und gilt nur für diesen Bildschirm. Die Browser kennen die exakte Bildschirmauflösung in DPI nicht, sondern berechnen die Zentimeter anhand einer angenommenen Bildschirmauflösung. Die Betriebssysteme kennen die Bildschirmauflösung, aber diese Information findet, aus welchen Gründen auch immer, ihren Weg nicht bis in den Browser. Darum ist es zwar nett, dass man in Html und CSS Größenangaben in Zentimeter oder Inch machen kann, aber völlig nutzlos.

Wenn ich behaupten würde, dass ich beim BrainExtender einen völlig neuen Weg gehen möchte, dann wäre das falsch. Schon Steve Jobs hat bei seinem NeXT Computer für die Bildschirmdarstellung eine Technik gewählt, die damals Postscript Display genannt wurde. Die damaligen Drucker, die Postscript verwendet haben, konnten die Dokumente beliebig skalieren, weil ihre Darstellung nicht auf Pixeln beruhte, sondern auf Vektorgrafik. Das bedeute, dass sämtliche Schriften nicht in Pixeln hinterlegt waren, sondern ihre Umrisse als mathematisch beschriebene Kurven vorliegen. Deshalb können solche Schriften und Objekte ohne Qualitätsverluste beliebig skaliert werden. Das Verfahren ist natürlich technisch aufwendiger. Die Postscript-Drucker haben eigene Prozessoren, bzw. die damaligen Postscript-Drucker hatten eigene Prozessoren, die das Seitenlayout berechneten.

Diese Technik wollte Steve Jobs bei seinem NeXt Computer auch auf die Darstellung am Bildschirm einsetzen. Das ist ihm auch gelungen. Allerdings war die Bildschirmdarstellung doch etwas träge, da die damaligen Grafikprozessoren halt doch noch nicht leistungsfähig genug waren. Er wollte damit zwei Dinge erreichen. Es gab damals noch das Synonym "WYSIWYG". What you see is what you get. Denn das war damals nicht selbstverständlich. Die Ausgabe am Bildschirm war Pixel orientiert. Die damaligen Schriften waren Bitmap-Schriften, basierten also auf Pixel-Matrizen, während die Postscript-Drucker eine höhere Auflösung hatten als die Bildschirme und Dank ihrer Postscript-Technologie eine bessere und somit schönere Darstellung. Und programmiertechnisch wurde immer zwischen Bildschirm- und Drucker-Ausgabe unterschieden. D.h. für jedes Fenster, dass auch am Drucker ausgegeben werden sollte, musste eine Drucker-Version programmiert werden. Steve Jobs Absicht war es Bildschirm- und Druckausgabe zu vereinheitlichen, sodass nur ein Seitenlayout programmiert werden mußte, das für sowohl für die Bildschirm- als auch für die Drucker-Ausgabe genutzt werden kann.

Wie wir heute wissen, hat sich der NeXT Computer aus verschiedenen Gründen nicht durchsetzen können. Aber im Prinzip haben wir heute das, was NeXT Computer Inc. damals Postscript Display nannte auf jedem Computer. Apple brachte 1991 mit ihrem System 7 (klassisches Mac OS) die TrueType-Schriften in die Öffentlichkeit. Heute sind alle Schriften Vektor-Schriften, also beliebig skalierbar. Dennoch geben wir beim Design von Internetseiten und Fenstern alle Größen in Pixel an.

Um mal eine analogie zu bringen, das wäre im Automobilbau beim Umstieg vom Verbrennermotor auf Elektromotor als würden die Autobauer nur den Verbrennermotor durch den Elektromotor und den Sprit-Tank durch eine Batterie ersetzen und würden ansonsten alles gleich lassen. D.h. die Autos hätten nach wie vor noch alle ihre herkömmlichen Getriebe. obwohl die Elektromotoren im Normalfall kein Getriebe mehr benötigen. Wer sich auskennt, weiß, dass die E-Autos konstruktiv komplett anders aufgebaut sind.

Eine Ausnahme bilden selbstverständlich CAD-Systeme und andere Spezialsoftware wie z.B. Software für den professionellen Buch- und Zeitungsdruck. Die dort beschäftigenden Damen und Herren wären mit den Ereignissen sehr unzufrieden, wenn etwas was sie auf ihrem Bildschirm konstruiert hätten, bei ihren Kollegen, die die weitere Umsetzung übernehmen, dann auf der Basis ihrer völlig anders skalierten Bildschirmdarstellung ein völlig anderes Ergebnis produzieren würden. Man stelle sich ein Werkstattgespräch zwischen einem Konstrukteur und einem Metallbauer vor. Der Konstrukteur sagt: Diese Schraube hat doch nie und nimmer den von mir vorgegebenen Durchmesser von 70 Pixeln. Und der Metallbauer hält dann die Schraube vor seinen Bildschirm und sagt: Doch schauen Sie, die Schraube hat genau die geforderten 70 Pixel im Durchmesser. Im Maschinenbau ein Unding, beim Webdesign gang und gäbe.